Medienpolitischer Dialog: Neue digitale Infrastruktur muss Demokratie und Meinungsvielfalt stärken
12.03.2019
Unter dem Motto „Eine für Alle? Möglichkeiten einer transnationalen Plattform für öffentlich-rechtliche und private Inhalte in Europa“ hat am 21. Februar 2019 im Deutschen Bundestag der zweite Medienpolitische Dialog der SPD-Bundestagsfraktion in dieser Legislaturperiode stattgefunden.
Dabei wurden mehrere Modelle diskutiert. Wie könnte ein solcher Kommunikationsraum aussehen, wer könnte sich beteiligen, was würde das kosten und wäre dies ein Mittel zur Sicherung der demokratischen Freiheiten? In der einen Frage waren sich alle Gäste einig: das übergreifende Ziel zur Stärkung von Demokratie, Meinungsfreiheit- und -vielfalt könnte eine solche neue digitale Infrastruktur für Europa sein.
In seiner Begrüßung schilderte Martin Rabanus gute Beispiele auf dem Weg dorthin, etwa die von der Bundesregierung mit der Unterzeichnung des Aachener Vertrages am 22.1.2019 angekündigte digitale Plattform für audiovisuelle Inhalte und Informationsangebote. In einer deutsch-französischen Kooperation unter Beteiligung der Deutschen Welle und des französische Auslandrundfunk France Médias Monde (FFM) solle eine gemeinsame Medienplattform für EuropäerInnen geschaffen werden, die über Europa und die EU in mehreren Sprachen informiere. Vom ZDF sei bereits vor einigen Tagen auf der Berlinale die neue Kulturplattform „ZDF-Kultur“ vorgestellt worden: eine Kooperation mit 35 Partnern wie etwa Museen und Festspielen im „digitalen Kulturraum“.
Ulrich Wilhelm, Vorsitzender der ARD, schilderte Ursachen und Wirkungen von zunehmend fragmentierten Öffentlichkeit in Deutschland und Europa. Er sah besonders mit Blick auf 70 Jahre Grundgesetz den öffentlichen Raum als entscheidenden Ort für die Entfaltung von Grundrechten und die Herstellung von Öffentlichkeit und warb zu einer transnationalen Plattform mit einem Angebot für die europäische Öffentlichkeit.
Für die kulturelle Selbstbehauptung Europas sei es wichtig, die Vielfalt der Themen und Inhalte an einer zentralen und unabhängigen Stelle abzubilden. Im Gegensatz zu gewinnorientierten (US-amerikanischen) Plattformen wie Facebook und YouTube sollte auf einem neuen europäischen Modell der Respekt vor kreativer Leistung, Wertschöpfung und das europäische Verständnis von Datenschutz besser gewahrt bleiben. Daher schlug er eine öffentlich-rechtliche Plattform mit Beteiligung privater Rundfunkanbieter, Verlagen und Institutionen aus Wissenschaft und Kultur vor.
Cornelia Holsten, Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, verwies mit dem Zitat „Wer den Algorithmus hat, hat die Macht“ (Matthias Schweighöfer) auf die Digitalisierungsberichte der letzten 15 Jahren, die die zunehmende differenzierte Mediennutzung der Bürgerinnen und Bürger aufzeigten. Sie unterstütze jedes Projekt, das die Meinungsbildung und -Vielfalt bereichere, es gäbe allerdings viele Fragen, etwa: wer entscheidet über Angebot, Preis und Inhalt einer solchen Superplattform? Wie definiere sich die Qualität? Wichtigstes Thema der Medienaufsicht sei die Diskriminierungsfreiheit und der Schutz der User etwa für gleiche Zugangschancen oder Datensicherheit- und -freiheit. Es gehe insgesamt um die Zurückeroberung des Internets.
Prof. Dr. Barbara Thomaß, Professorin am Institut für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität-Bochum, skizzierte als Mitverfasserin der 10 Thesen in einem Offenen Brief zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Idee einer gemeinsamen, offenen und nicht kommerziellen Plattform aller öffentlich-rechtlichen Anbieter als „Public Open Space“. Zukunftsprojekte müssten über das Machbare hinaus gewagt werden, wie etwa der Ansatz einer „European Public Open Space (EPOS)“, wo WissenschaftlerInnen ein Projekt zur Konzipierung öffentlich-rechtlicher Freiräume frei von wirtschaftlichen und staatlichen Eingriffen entwickelten. Beteiligte im Austauschprozess seien die öffentlich-rechtlichen Medien, zivil- und wissensgesellschaftliche Organisationen sowie Europas Bürgerinnen und Bürger.
Prof. Dr. Gerhard Pfennig, Sprecher der Initiative Urheberrecht, dessen Initiative die Interessen von insgesamt rund 140.000 UrheberInnen und ausübenden KünstlerInnen vertritt, setzte sich bei einer grundsätzlichen Unterstützung einer demokratiestärkenden Plattformidee dafür ein, dass auch hier europäische UrheberInnen und KünstlerIinnen gerecht vergütet bzw. beteiligt werden, wenn es um die Verbreitung ihrer Werke geht. AutorInnen hätten zu oft das Nachsehen, etwa bei sog. Datenfriedhöfen öffentlich-rechtlicher Sender, deren Bestand beispielsweise in Archiven zugänglich gemacht werden sollte. Grundsätzlich sollten eigene Verwertungsmöglichkeiten der ProduzentInnen nicht eingeschränkt werden.
Die anschließende Diskussion zeigte, dass es unterschiedlichste Modelle und Schwerpunkte für eine solche Kommunikationsform gibt, die die Stärken sowohl der öffentlich-rechtlichen als auch der privaten Medien nutzen könnte. Vertretende der privaten Anbieter wie etwa Inga Moser von Filseck von Vodafone oder Claus Grevenig von RTL berichteten von erfolgreichen privaten Plattformen und verwiesen auf die Wahrung des freien Wettbewerbs und mögliche Marktauswirkungen einer zentralen Plattform. Auch von Jan Kottmann von Google, Youtube, Facebook, VauNet und Unitymedia gab es Nachfragen zur technischen Ausgestaltung und die angedachte Wesensform einer solchen Plattform. Nicht zuletzt verwies Peter Weber vom ZDF am Beispiel von „ZDFkultur“ auf bestehende Möglichkeiten im Rahmen der geltenden Rechtslage und sah in dem skizzierten Open-Space-Modell einen vielversprechenden Ansatz. Insgesamt bräuchte es neue Vergütungssysteme für den digitalen Raum.
Einigkeit bestand darin, dass die öffentliche Kommunikation mit mehr europäischen Öffentlichkeiten gestärkt werden sollte. Alle einte somit die „Sehnsucht nach dem besseren Internet“ (Cornelia Holsten).
Daher betonte Martin Rabanus in seinem Fazit, sei der Austausch zwischen Kultur- und Medienbranche, Wissenschaft und Politik zu solchen übergreifenden Themen so wichtig. Mit Blick auf die unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Europa sei es nun die Rolle der Politik auf allen Ebenen, Möglichkeiten zur Gestaltung eines solchen Kommunikationsraumes zu finden.
Für die SPD-Bundestagsfraktion ist klar: Wir brauchen und unterstützen einen starken öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk und eine vielfältige Medien- und Presselandschaft.
Unter dem Motto „Eine für Alle? Möglichkeiten einer transnationalen Plattform für öffentlich-rechtliche und private Inhalte in Europa“ hat am 21. Februar 2019 im Deutschen Bundestag der zweite Medienpolitische Dialog der SPD-Bundestagsfraktion in dieser Legislaturperiode stattgefunden.
Dabei wurden mehrere Modelle diskutiert. Wie könnte ein solcher Kommunikationsraum aussehen, wer könnte sich beteiligen, was würde das kosten und wäre dies ein Mittel zur Sicherung der demokratischen Freiheiten? In der einen Frage waren sich alle Gäste einig: das übergreifende Ziel zur Stärkung von Demokratie, Meinungsfreiheit- und -vielfalt könnte eine solche neue digitale Infrastruktur für Europa sein.
In seiner Begrüßung schilderte Martin Rabanus gute Beispiele auf dem Weg dorthin, etwa die von der Bundesregierung mit der Unterzeichnung des Aachener Vertrages am 22.1.2019 angekündigte digitale Plattform für audiovisuelle Inhalte und Informationsangebote. In einer deutsch-französischen Kooperation unter Beteiligung der Deutschen Welle und des französische Auslandrundfunk France Médias Monde (FFM) solle eine gemeinsame Medienplattform für EuropäerInnen geschaffen werden, die über Europa und die EU in mehreren Sprachen informiere. Vom ZDF sei bereits vor einigen Tagen auf der Berlinale die neue Kulturplattform „ZDF-Kultur“ vorgestellt worden: eine Kooperation mit 35 Partnern wie etwa Museen und Festspielen im „digitalen Kulturraum“.
Ulrich Wilhelm, Vorsitzender der ARD, schilderte Ursachen und Wirkungen von zunehmend fragmentierten Öffentlichkeit in Deutschland und Europa. Er sah besonders mit Blick auf 70 Jahre Grundgesetz den öffentlichen Raum als entscheidenden Ort für die Entfaltung von Grundrechten und die Herstellung von Öffentlichkeit und warb zu einer transnationalen Plattform mit einem Angebot für die europäische Öffentlichkeit.
Für die kulturelle Selbstbehauptung Europas sei es wichtig, die Vielfalt der Themen und Inhalte an einer zentralen und unabhängigen Stelle abzubilden. Im Gegensatz zu gewinnorientierten (US-amerikanischen) Plattformen wie Facebook und YouTube sollte auf einem neuen europäischen Modell der Respekt vor kreativer Leistung, Wertschöpfung und das europäische Verständnis von Datenschutz besser gewahrt bleiben. Daher schlug er eine öffentlich-rechtliche Plattform mit Beteiligung privater Rundfunkanbieter, Verlagen und Institutionen aus Wissenschaft und Kultur vor.
Cornelia Holsten, Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, verwies mit dem Zitat „Wer den Algorithmus hat, hat die Macht“ (Matthias Schweighöfer) auf die Digitalisierungsberichte der letzten 15 Jahren, die die zunehmende differenzierte Mediennutzung der Bürgerinnen und Bürger aufzeigten. Sie unterstütze jedes Projekt, das die Meinungsbildung und -Vielfalt bereichere, es gäbe allerdings viele Fragen, etwa: wer entscheidet über Angebot, Preis und Inhalt einer solchen Superplattform? Wie definiere sich die Qualität? Wichtigstes Thema der Medienaufsicht sei die Diskriminierungsfreiheit und der Schutz der User etwa für gleiche Zugangschancen oder Datensicherheit- und -freiheit. Es gehe insgesamt um die Zurückeroberung des Internets.
Prof. Dr. Barbara Thomaß, Professorin am Institut für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität-Bochum, skizzierte als Mitverfasserin der 10 Thesen in einem Offenen Brief zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Idee einer gemeinsamen, offenen und nicht kommerziellen Plattform aller öffentlich-rechtlichen Anbieter als „Public Open Space“. Zukunftsprojekte müssten über das Machbare hinaus gewagt werden, wie etwa der Ansatz einer „European Public Open Space (EPOS)“, wo WissenschaftlerInnen ein Projekt zur Konzipierung öffentlich-rechtlicher Freiräume frei von wirtschaftlichen und staatlichen Eingriffen entwickelten. Beteiligte im Austauschprozess seien die öffentlich-rechtlichen Medien, zivil- und wissensgesellschaftliche Organisationen sowie Europas Bürgerinnen und Bürger.
Prof. Dr. Gerhard Pfennig, Sprecher der Initiative Urheberrecht, dessen Initiative die Interessen von insgesamt rund 140.000 UrheberInnen und ausübenden KünstlerInnen vertritt, setzte sich bei einer grundsätzlichen Unterstützung einer demokratiestärkenden Plattformidee dafür ein, dass auch hier europäische UrheberInnen und KünstlerIinnen gerecht vergütet bzw. beteiligt werden, wenn es um die Verbreitung ihrer Werke geht. AutorInnen hätten zu oft das Nachsehen, etwa bei sog. Datenfriedhöfen öffentlich-rechtlicher Sender, deren Bestand beispielsweise in Archiven zugänglich gemacht werden sollte. Grundsätzlich sollten eigene Verwertungsmöglichkeiten der ProduzentInnen nicht eingeschränkt werden.
Die anschließende Diskussion zeigte, dass es unterschiedlichste Modelle und Schwerpunkte für eine solche Kommunikationsform gibt, die die Stärken sowohl der öffentlich-rechtlichen als auch der privaten Medien nutzen könnte. Vertretende der privaten Anbieter wie etwa Inga Moser von Filseck von Vodafone oder Claus Grevenig von RTL berichteten von erfolgreichen privaten Plattformen und verwiesen auf die Wahrung des freien Wettbewerbs und mögliche Marktauswirkungen einer zentralen Plattform. Auch von Jan Kottmann von Google, Youtube, Facebook, VauNet und Unitymedia gab es Nachfragen zur technischen Ausgestaltung und die angedachte Wesensform einer solchen Plattform. Nicht zuletzt verwies Peter Weber vom ZDF am Beispiel von „ZDFkultur“ auf bestehende Möglichkeiten im Rahmen der geltenden Rechtslage und sah in dem skizzierten Open-Space-Modell einen vielversprechenden Ansatz. Insgesamt bräuchte es neue Vergütungssysteme für den digitalen Raum.
Einigkeit bestand darin, dass die öffentliche Kommunikation mit mehr europäischen Öffentlichkeiten gestärkt werden sollte. Alle einte somit die „Sehnsucht nach dem besseren Internet“ (Cornelia Holsten).
Daher betonte Martin Rabanus in seinem Fazit, sei der Austausch zwischen Kultur- und Medienbranche, Wissenschaft und Politik zu solchen übergreifenden Themen so wichtig. Mit Blick auf die unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund, Ländern und Europa sei es nun die Rolle der Politik auf allen Ebenen, Möglichkeiten zur Gestaltung eines solchen Kommunikationsraumes zu finden.
Für die SPD-Bundestagsfraktion ist klar: Wir brauchen und unterstützen einen starken öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk und eine vielfältige Medien- und Presselandschaft.