Die deutsche Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise, während Unternehmen ihre Investitionen zurückhalten und das Wachstum stagniert. Rainer Dulger, Präsident der Arbeitgeberverbände, richtet eindringliche Worte an Bundeskanzler Friedrich Merz : Deutschland benötige ihn jetzt als Motor für wirtschaftliches Wachstum. Nach zwei aufeinanderfolgenden Rezessionsjahren erwarten Experten für das laufende Jahr bestenfalls minimale Zuwächse. Viele Firmen investieren lieber im Ausland als im Inland, was die Sorge verstärkt, dass Deutschland international den Anschluss verliert.
Dulger betonte beim Arbeitgebertag in Berlin, dass niemand stolz darauf sein könne, dass Deutschland zum Schlusslicht der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa geworden sei. Das Potenzial sei vorhanden, doch es fehle an entscheidenden Reformen. Für 2026 wird zwar eine Verbesserung prognostiziert, ein spürbarer Aufschwung bleibt jedoch Wunschdenken.
Forderungen der Wirtschaft an die Bundesregierung
Die Arbeitgeberverbände formulieren klare Erwartungen an die Koalition. Alle Beteiligten müssten mehr Ehrgeiz zeigen, so Dulger. Bisher seien weder eine Wirtschaftswende noch ein wirklicher Reformturbo erkennbar gewesen. Diese Kritik zielte direkt auf Merz‘ Ankündigung eines Herbsts der Reformen ab, der aus Sicht der Wirtschaft bislang ausblieb.
Die zentralen Anforderungen umfassen mehrere Bereiche :
- Bürokratieabbau zur Entlastung der Unternehmen
- Umfassende Senkung der Energiepreise
- Reduzierung des Anstiegs bei Sozialabgaben
- Verbesserung der Investitionsbedingungen im Inland
Dulger warnte zudem, dass das Vertrauen in die etablierten Parteien nur zurückkehren werde, wenn konkrete Probleme tatsächlich gelöst würden. Die starken Umfrageergebnisse der AfD seien ein direktes Resultat politischer Untätigkeit. Wirtschaftliche Stärke nach innen sei die Voraussetzung für Stabilität nach außen, betonte der Arbeitgeberpräsident.
Position des Kanzlers zwischen Innen- und Außenpolitik
Merz wies Vorwürfe zurück, er vernachlässige als sogenannter Außenkanzler die Innenpolitik. Er verwies auf grundlegende geopolitische Veränderungen, die Deutschland gegenüberstehe : den Ukraine-Krieg, autoritäre Regime weltweit, ein aggressiv auftretendes China und einen US-Präsidenten, der mit Zöllen seine Politik durchsetze. Die Stärkung Europas sei existenziell für Deutschland.
Der Kanzler bat die Wirtschaft um Geduld und verwendete eine maritime Metapher : Deutschland sei kein Schnellboot, sondern ein großer Tanker mit großen Motoren. Man könne ein solches Schiff nicht innerhalb weniger Tage komplett umsteuern, besonders wenn sich Strukturen über Jahrzehnte verfestigt hätten.
| Bereich | Bereits beschlossen | Status |
|---|---|---|
| Steuern | Entlastungen für Firmen | In Umsetzung |
| Migration | Politische Wende | Eingeleitet |
| Bürokratie | Abbaumaßnahmen | Begonnen |
| Energie | Kostensenkungen | Geplant |
Spannungen innerhalb der Koalition
Finanzminister Lars Klingbeil von der SPD verwies auf bereits eingeleitete Maßnahmen und signalisierte Bereitschaft zu Sozialreformen. Allerdings räumte er Differenzen mit den Arbeitgebern hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung ein. Er warb für einen Schulterschluss zwischen Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften.
Beim umstrittenen Rentenpaket zeigen sich besonders tiefe Gräben. Arbeitsministerin Bärbel Bas bestand auf der Umsetzung in der vom Kabinett beschlossenen Form. Im Gegensatz zu den Arbeitgebern habe sie auch die andere Seite im Blick, betonte sie – was Protestrufe auslöste. Bas erlebte beim Arbeitgebertag einen schweren Stand mit kaum Applaus.
Dulger gab der Bundesregierung eine Frist bis zum kommenden Frühjahr. Merz genießt als ehemaliger Blackrock-Chef einen Vertrauensvorschuss in der Wirtschaft, doch dieser schwindet zunehmend, wenn nicht bald spürbare Fortschritte erzielt werden.











